5 Informatik

5.1 Überblick über Kompetenzstufen in der 5./6. Klasse

Der Vergleich mit dem bisherigen ICT-Lehrplan macht deutlich, dass im Bereich der Informatik völlig neue Themen und Kompetenzen hinzukommen, die in dieser Art erstmals in der 5. und 6. Klasse aufzubauen sind. Der Kompetenzbereich Informatik umfasst folgende drei Kompetenzen:
  1. Die Schülerinnen und Schüler können Daten aus ihrer Umwelt darstellen, strukturieren und auswerten.
  2. Die Schülerinnen und Schüler können einfache Problemstellungen analysieren, mögliche Lösungsverfahren beschreiben und in Programmen umsetzen.
  3. Die Schülerinnen und Schüler verstehen Aufbau und Funktionsweise von informationsverarbeitenden Systemen und können Konzepte der sicheren Datenverarbeitung anwenden.

Diese beinhalten für die 5./6. Klasse folgende Kompetenzstufen:

MI.2.1.b, c, d und e

MI.2.2.b, c, d, e und f

MI.2.3.e, f, g und h

Vgl. Lehrplan Medien und Informatik (http://link.phsz.ch/mikg-20)

Die folgenden fünf Kompetenzstufen, welche im Lehrplanteil Informatik sowohl dem 2. als auch dem 3. Zyklus zugeteilt sind, sind erst im 3. Zyklus verbindlich zu vermitteln.

Im Lehrplan sind diese blau und zusätzlich grün markiert.

  • MI.2.1.f: Die Schülerinnen und Schüler erkennen und verwenden Baum- und Netzstrukturen (z.B. Ordnerstruktur auf dem Computer, Stammbaum, Mindmap, Website).
  • MI.2.1.g: Sie verstehen die Funktionsweise von fehlererkennenden und -korrigierenden Codes.
  • MI.2.3.i: Sie verstehen die grundsätzliche Funktionsweise von Suchmaschinen.
  • MI.2.3.j: Sie können lokale Geräte, lokales Netzwerk und das Internet als Speicherorte für private und öffentliche Daten unterscheiden.
  • MI.2.3.k: Sie haben eine Vorstellung von den Leistungseinheiten informationsverarbeitender Systeme und können deren Relevanz für konkrete Anwendungen einschätzen (z.B. Speicherkapazität, Bildauflösung, Rechenkapazität, Datenübertragungsrate).

Da der Bezug der Informatik zur Mathematik eng ist, finden sich auch im Lehrplan Mathematik entsprechende Kompetenzbeschreibungen:
  • MA.2.C.2.g: Die Schülerinnen und Schüler können in einer Programmierumgebung Befehle zum Zeichnen von Formen eingeben, verändern und die Auswirkungen beschreiben (z.B. vorwärts, links drehen, vorwärts).

5.2 Informatikunterricht in der 5./6. Klasse

Informatik als Wissenschaft der automatisierten Informationsverarbeitung befasst sich mehrheitlich mit abstrakten Inhalten. Für eine erfolgreiche Vermittlung ist es insbesondere auf der Primarstufe wichtig, Informatik anschaulich, konkret und „be-greifbar“ zu vermitteln, sodass die Schülerinnen und Schüler Informatik als ein interessantes und vielseitiges Thema erleben. Dazu tragen Methoden bei, bei denen das gemeinsame Entdecken und Ausprobieren im Vordergrund stehen. Viele Aufgabenstellungen der Informatik können auch durch eigenständiges Experimentieren gelöst werden. Schülerinnen und Schüler erfahren so unmittelbar aufgrund der Reaktion des Computers oder eines Roboters, ob ihre Vorgehens- weise zum gewünschten Ziel führt. Auf diese Weise werden die Schülerinnen und Schüler spielerisch in teilweise komplexe Themen eingeführt und gleichzeitig wird die Selbstwirksamkeit im Umgang mit Infor- matik und Technologie gefördert.

Im Folgenden werden einige methodische Hinweise aufgeführt, die es beim Vermitteln von Informatik- kompetenzen zu berücksichtigen gilt.

5.2.1 An die Lebenswelt der Kinder anknüpfen

Auch beim Thema Informatik ist es hilfreich und wünschenswert, die zu erwerbenden Kompetenzen mit der Lebenswelt der Schülerinnen und Schüler zu verknüpfen. Die Einführung in viele Informatikthemen kann idealerweise von alltäglichen Erfahrungen (und den vielen kleinen Herausforderungen) der Schüle- rinnen und Schüler mit ihren Geräten ausgehen. So könnte beispielsweise ein voller Handyspeicher, der keine weiteren Fotoaufnahmen mehr erlaubt, den Ausgangspunkt bilden, um in die Themen „Speicher- arten und Datenmengen“ einzuführen. Ein verpixeltes Poster, das man aufgrund eines Handyfotos dru- cken liess, könnte den Einstieg ins Thema bilden, wie Computer Bilder speichern (Bildauflösung).

5.2.2 Handelndes Lernen mit Computer Science unplugged und Robotern

Handelndes Lernen ist im Bereich der Informatik besonders wichtig, um das Abstrakte konkret und im wahrsten Sinne des Wortes „be-greifbar“ zu machen. Bei den folgenden zwei Ansätzen steht die (en-) ak- tive Auseinandersetzung im Vordergrund:

„Computer science unplugged“ („CS Unplugged“)

Unter dem Ansatz „computer science unplugged“ („Informatik ohne Strom“) existiert eine wachsende Sammlung von Unterrichtsbeispielen, die Konzepte der Informatik komplett ohne Computer, dafür aber mit Spielkarten, Früchten und anderen Gegenständen erklärt. Dass der Einstieg in die Informatik auch ohne Computer möglich ist, hört sich vielleicht zunächst komisch an. Aber genauso, wie sich die Astronomie nicht auf die Bedienung von Teleskopen reduzieren lässt, geht es in der Informatik nicht (nur) um die Bedienung und Programmierung von Computern. „CS Unplugged“ bietet viele Ideen für Aktivitäten, wie Schülerinnen und Schüler in die Grundlagen der Informatik und des informatikbezogenen Denkens einge- führt werden können, um Informatikkonzepte besser zu verstehen.

Abgesehen davon hat „computer science unplugged“ eine Reihe weiterer Vorteile:
  • Gängige (teils geschlechtsspezifische) Vorurteile gegenüber der Arbeit mit Computer können vermieden werden.
  • Die Unterrichtsbeispiele sind kostengünstig und veralten nicht so schnell.
  • Es geht keine Unterrichtszeit für technische Probleme verloren.
Entstanden ist das „Computer Science unplugged“ ursprünglich in Neuseeland. Unter www.csunplug- ged.org findet sich eine Sammlung entsprechender Unterrichtsideen. Einige davon sind auch auf Deutsch übersetzt worden (CS Unplugged - Ein Förder- und Studienprogramm für Kinder im Grundschulalter link.phsz.ch/mi56-04). Weitere Ideen findet man auch unter www.iLearnIT.ch/stromlos und link.phsz.ch/mi56-06.

Roboter

Eine andere attraktive Möglichkeit, gewisse abstrakte Konzepte der Informatik konkret zu machen und attraktiv zu vermitteln, sind Roboter. Mittlerweile sind zahlreiche spezifisch für Lernzwecke entwickelte Roboter auf dem Markt erhältlich. Diese Edu-Robotersysteme verbinden mit ihren Sensoren, Prozessoren und Aktoren die abstrakte Welt der Informatik mit eigenen Handlungserfahrungen und mit der wahrge- nommenen Umwelt der Schülerinnen und Schüler.

Für Schulen besteht die Schwierigkeit unter anderem darin, aus der Flut an Edu-Robotersystemen dieje- nige zu finden, die sich didaktisch auch eignen, für die deutschsprachiges Material verfügbar ist und bei denen davon auszugehen ist, dass sie mehr als nur ein paar Monate auf dem Markt verfügbar sein werden.

5.2.3 Projektarbeit

Die Projektmethode ist im Informatikunterricht besonders wichtig, denn Projekte nehmen in der Welt der Informatik einen grossen Stellenwert ein. Die Schülerinnen und Schüler nehmen zusammen ein Problem oder die Entwicklung eines Produktes in Angriff. Gemeinsam werden die zu lösenden Problemen be- stimmt, ein Projektplan erstellt und die Arbeit reflektiert. Hierzu eignet sich beispielsweise ein Produktport- folio (z.B. Scratchstudio freigeben, Projektbüchlein), das Sie als Lehrperson formativ beurteilen können.

Bei Projekten sollte man den Schülerinnen und Schülern ermöglichen, sich in verschiedenen Gruppen auszutauschen und einen Zwischenstand ihrer Projekte zu präsentieren. Hierzu eignet sich eine „Blitz- lichtrunde“, in der die Projekte kurz präsentiert werden und so jede Gruppe Optimierungsideen für die Weiterarbeit erhält. Es folgt eine Optimierungsphase, in der es auch erlaubt ist, Ideen und Umsetzungen von anderen Gruppen zu übernehmen. Dies entspricht auch der Grundidee der vom Kanton Schwyz empfohlenen Programmierumgebung Scratch (vgl. S. 49) als offener Austauschplattform (Remix).

5.2.4 Selbstständig-entdeckendes Lernen fördern

Im Informatikunterricht hat das selbstständige Entdecken und Experimentieren einen grossen Stellenwert. Nach einer kurzen Klärung des Arbeitsauftrages können die meisten Schülerinnen und Schüler viele Auf- gabenstellung selbstständig lösen. So erhalten sie die Möglichkeit, sich ohne Zwischenfragen der Lehr- person oder durch ein kleinschrittiges Vorgehen mit dem Problem auseinanderzusetzen. Sie sind aufge- fordert, sich selbst Gedanken zu machen, wie sie die Aufgabe lösen können (Winter, 1991). Die Lehrper- son nimmt sich bewusst zurück, auch im Wissen darum, dass die Schülerinnen und Schüler auch vom Computer Rückmeldungen erhalten, ob eine Anwendung bzw. ein Programm „funktioniert“ und sie damit eine Aufgabe richtig gelöst haben oder Nachbesserungen nötig sind. Kommen die Schülerinnen und Schüler wirklich nicht mehr alleine weiter und finden beispielsweise einen Fehler nicht, können sie bei Be- darf immer noch von der Lehrperson gecoacht werden.

5.2.5 Pair Programming

Als Pair Programming wird die Methode bezeichnet, bei welcher zwei Lernende an einem Computer sit- zen und miteinander programmieren. Dabei übernehmen die Lernenden verschiedene Aufgaben. Diese Arbeitstechnik wird auch in der Praxis von Softwareentwicklern praktiziert.

Eine Person ist dabei der „Fahrer“ und bedient Maus, Tastatur oder Touchscreen und schreibt das Pro- gramm (Code), während die andere Person als „Navigator“ über die aktuelle Problemstellung nachdenkt, vorausplant und den geschriebenen Code kontrolliert. Während der gesamten Arbeitsphase sprechen die Partner intensiv über ihre Arbeit (und denken „laut“). Die Rollen sollen dabei regelmässig gewechselt wer- den.

Beim Pair Programming werden nicht nur methodische und inhaltliche Kompetenzen, sondern auch sozi- ale Kompetenzen gefördert. Diese Technik kann im Unterricht nach der Einführung von Scratch für Aufga- ben verwenden werden, welche die Kinder selbstständig lösen müssen. Dadurch, dass zwei Schülerinnen und Schüler ein Gerät teilen, reduziert sich zugleich das organisatorische Problem, dass in der Regel nicht für alle Schülerinnen und Schüler ein eigenes Gerät zum Programmieren zur Verfügung steht.

Es ist wichtig, diese Methode mit den Schülerinnen und Schülern sorgfältig einzuführen und die Regeln zum „Paarprogrammieren“ abzumachen. Eine mögliche Hilfestellung bietet das Video „Pair Programming“ (englisch) unter link.phsz.ch/mi56-07.

5.2.6 Hilfe zur Selbsthilfe

Egal, was die Schülerinnen und Schüler am Computer machen: Geben Sie ihnen die Möglichkeit, ihre Fehler selber korrigieren zu können. Als Lehrperson gilt meist die goldene Regel, nicht selber mit der Maus oder Tastatur in das Geschehen einzugreifen und einen Fehler schnell zu korrigieren. Das direkte Eingreifen und Verbessern verhindert jeglichen Lerneffekt.

Machen Sie die Schülerinnen und Schüler auf Fehler aufmerksam. Stellen Sie die richtigen Fragen, welche Schülerinnen und Schüler weiterbringen, das Problem selbst zu finden und zu lösen. Natürlich können Schülerinnen und Schüler ihre Programme auch gegenseitig austesten und Optimierungen vorschlagen.

Helfen Sie nicht zu viel. Befähigen Sie die Schülerinnen und Schüler, sich selber helfen zu können. Auch der Lehrplan M+I sieht vor, dass die Schülerinnen und Schüler „bei Problemen mit Geräten und Programmen Lösungsstrategien anwenden (z.B. Hilfe-Funktion, Recherche)“ können (vgl. MI.2.3.g). Zeigen Sie Ihren Schülerinnen und Schüler allenfalls, wie Sie bei einem Problem vorgehen würden, statt ihnen die fertige Lösung zu zeigen.

Beim Programmieren können auch Checklisten hilfreich sein, welche die Schülerinnen und Schüler beim Auffinden von Fehlern (debuggen) unterstützen. Ein Beispiel dafür wäre die folgende Scratch Zusammenstellung (Checkliste) mit den häufigsten Fehlern, die bei der Arbeit mit Scratch 2.0 vorkommen können, vgl. link.phsz.ch/mi56-08.

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Sie finden das Ursprungsdokument von Iwan Schrackmann, Morena Borelli, Urs Frischherz und Michael Hielscher unter der Adresse http://link.phsz.ch/mi-56

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