Informationsverarbeitung kann aus verschiedenen Perspektiven betrachtet werden. Der Fokus dieses Artikels ist nicht die technologische Verarbeitung von Daten im Sinne der Datenverarbeitung wie diese von Sander und Spengler (2011) beschrieben wird, sondern die kognitive Verarbeitung von Informationen durch Menschen. Mayer (2009) beschreibt diesen Vorgang als "multimediales Lernen", welches als Lernen aus Texten und Bildern zu verstehen ist. Mit "Text" sind sowohl schriftliche Texte als auch die gesprochene Sprache gemeint. Unter Bildern werden neben statischen Grafiken auch Filme und Animationen verstanden. Die Darstellungsmittel des multimedialen Lernens sind also schriftliche Texte (inkl. Hypertexte), Grafiken, welche in realistische und logische Bilder unterteilt werden können, Tondateien (z.B. Podcasts) und Videos in Form von Filmen oder Animationen (Wecker & Stegemann, 2019). Die
Darstellung steht in diesem Beitrag weniger im Fokus als die Multimedialität. Dennoch sind viele Parallelen zwischen diesen Bereichen vorhanden.
Nebst dem kognitiven Prozess der Informationsverarbeitung wird an dieser Stelle auch auf den organisatorischen Aspekt der Informationsverarbeitung im Sinne des persönlichen Wissensmanagements eingegangen. Nach Seel (2009) ist der Ausgangspunkt für persönliches Wissensmanagement die Reflexion der individuellen Denkweisen und Handlungen. Da diese Prozesse ebenfalls als Informationsverarbeitung aufgefasst werden können, werden auch diese Aspekte kurz erläutert.
Lernen mit Medien
Gerade in der Frühzeit des multimedialen Lernens war die Vorstellung
"viel hilft viel" weit verbreitet. Besonders die Cognitive-Load-Theorie zeigt auf, dass dies nicht der Fall ist, da das Arbeitsgedächtnis nur über eine begrenzte Kapazität verfügt. Beim Wissenserwerb müssen nämlich auch Informationen aus dem Langzeitgedächtnis abgerufen werden (vgl. Multimedialernen nach Mayer (2009)). Dabei wird das Arbeitsgedächtnis durch drei Elemente belastet: die Lernaufgabe selbst (Intrinsic Cognitive Load), die Gestaltung des Lernmaterials (Extraneous Cognitive Load) und der reine Wissenserwerb (Germane Cognitive Load). Es ist also darauf zu achten, dass die Belastung durch das Lernmaterial möglichst klein gehalten wird (Wecker & Stegmann, 2019).
Nach Mayer (2013) wird von multimedialem Lernen gesprochen, wenn Wort (Text oder gesprochen) und Bild (Illustrationen, Grafiken, Fotos, Animation oder Videos) gemeinsam in der Erklärung verwendet werden. Nach Mayer (2013) ist der Lernerfolg grösser, wenn Wort und Bild kombiniert werden, als wenn Worte allein verwendet werden. Dabei müssen aber gewisse Kriterien eingehalten werden (siehe unten). Beim multimedialen Lernen werden mehrere Kanäle angesprochen und somit mehr als ein sensorisches System des Menschen. Im Arbeitsgedächtnis können die Informationen dadurch besser verarbeitet und abgespeichert werden. Gerade aufgrund der technologischen Fortschritte werden immer mehr Lerninhalte mit Medien angereichert, weshalb es von zentraler Bedeutung ist, dass multimediale Instruktionen effizient designt sind.
Veranschaulichung des Multimedialernens nach Mayer (2009).
Neben der
Cognitive-Load-Theorie geht das Model von Mayer konkret darauf ein, dass die Kombination von Bild und Text nicht zwangsläufig einen Lernerfolg erzielen wird. Somit spielt, nebst der Theorie des begrenzten Arbeitsgedächtnises, die
Theorie zur dualen Codierung der Information eine zentrale Rolle (Wecker & Stegman, 2019).
Scheiter et al. (2018) zeigen weitere Probleme auf, welche beim Lernen mit Multimedia auftauchen können. Dazu zählen die verzerrte Informationsverarbeitung, fehlende Wissens- und Fertigkeitsvoraussetzungen und die inadäquate kognitive Verarbeitung. Bei der verzerrten Informationsverarbeitung liegt das Problem darin, dass Bildinhalte oft vernachlässigt werden. Ausserdem wird unterschätzt, wie anspruchsvoll multimediales Lernen ist. Unter fehlenden Wissens- und Fertigkeitsvoraussetzungen ist zu verstehen, dass Lernende teilweise nicht über ausreichendes domänenspezifisches Vorwissen verfügen. Kinder ohne entsprechendes Vorwissen können deshalb nicht von Bildern profitieren. Auch die Fähigkeiten der Bildbetrachtung müssen ausreichend ausgebildet sein, um einen Nutzen aus der Multimedialität ziehen zu können. Bei der inadäquaten kognitiven Verarbeitung stellen die Lernenden keine Verbindung zwischen Bild und Text her und haben unter Umständen kein Verständnis für relevante Inhalte.
Persönliches Wissensmanagement und Online-Lernen
Seel und Ifenthaler (2009) setzen sich intensiv mit dem Online-Lernen auseinander. Ein Thema dabei ist das Wissensmanagement beim Online-Lernen. Sie fassen dabei den pragmatischen Ansatz nach Reinmann-Rothmeier und Mandel zusammen und unterscheiden zwischen folgenden Komponenten:
- eigenverantwortliche Zielsetzung
- eigenverantwortliche Bewertung
- individuelle Wissenspräsentation
- individuelle Wissensgenerierung
- individuelle Wissensnutzung
- Wissenskommunikation
- Stress- und Fehlermanagement
Insbesondere ist zu erwähnen, dass beim persönlichen Wissensmanagement verschiedene Unterscheidungen gemacht werden. So erfolgt beispielsweise eine Reihung der Prioritäten oder eine Unterscheidung in Dringlichkeit und Wichtigkeit. Ausserdem muss zwischen langfristigen strategischen Zielen zur Kompetenzentwicklung und akuten operativen Zielen zur Problemlösung differenziert werden (Seel & Ifenthaler, 2009).
Diese Thematik hat einen klaren Bezug zur
Cognitive-Load-Theorie nach Wecker und Stegman (2019). Seel und Ifenthaler (2009) sprechen hier von der Informationsüberlastung. Sie definieren diese als einen Zustand, in dem man mehr Informationen zur Verfügung hat, als man verarbeiten kann oder bereit ist zu verarbeiten. Sie beschreiben verschiedene Ursachen für die Informationsüberlastung. Dabei sind nicht nur die zur Verfügung stehenden Kanäle von Bedeutung, sondern auch die reichhaltigen Inhalte. Neben korrekten Informationen nehmen auch Falschinformationen erheblich zu (Seel & Ifenthaler, 2009). Mit der beschriebenen Informationsflut ist es umso wichtiger, dass die Inhalte so präsentiert und aufgearbeitet werden, dass die Informationen von den Individuen verarbeitet werden können. Es ist also wichtig, dass das multimediale Lernen entsprechend aufbereitet wird.
Neben der Aufbereitung für die einzelnen Individuen ist es auch aus der Perspektive der Lernenden sinnvoll die Informationen entsprechend zu verarbeiten oder gar ein Informationsmanagement zu betreiben. Seel und Ifenthaler (2009) weisen darauf hin, dass trotz der mannigfach vorhandenen Technologien die Suche, Aufbereitung und Dokumentation von Informationen meist schwierig ist. Folgende Strategien weisen sie als wirksam aus:
- Informationen nicht ziellos sammeln
- Informationen verdichten
- Auf kompakte, gut strukturierte Informationen von hoher Verlässlichkeit achten
- Festplatten, Notizen und Bookmarks regelmässig aufräumen
Hier können Technologien den Prozess auch erleichtern. Social Bookmarking, Onlinespeicher und Wikis sind da nur einige Beispiele (Seel & Ifenthaler, 2009).
Es ist also möglich, zu sagen, dass hier ein enges Zusammenspiel von Aufbereitung und Verarbeitung der Informationen besteht, um die Informationsverarbeitung zu gewährleisten.
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Quellenverzeichnis
Fischer, F., Mandl, H., & Todorova, A. (2009). Lehren und Lernen mit neuen Medien. In R. Tippelt & B. Schmidt (Hrsg),
Handbuch Bildungsforschung (S. 753 - 771). Berlin: Springer.
Mayer, R. E. (2013). Multimedia Instruction. In J.M. Spector et al. (Hrsg.),
Handbook of Research on Educational Communications and Technology (S.385 - 399). New York: Springer Science + Business Media.
Mayer, R. E. (2009).
Multimedia learning. Cambridge: Cambridge University Press.
Niegemann, H. M., Domagk, S., Hessel, S., Hein, A., Hupfer, M. & Zobel, A. (2008).
Kompendium multimediales Lernen. Berlin: Springer.
Sander, G. & Spengler, H. (2011).
Die Entwicklung der Datenverarbeitung von Hollerit Lochkartenmaschinen zu IBM Enbterprise-Servern. Böblingen: Eigenverlag.
Seel, N.,& Ifenthaler, D. (2009).
Online lernen und lehrern. München: Ernst Reinhardt, GmbH & Co KG.
Scheiter, K., Richter, J. & Renkel, A. (2018). Multimediales Lernen: Lehren und Lernen mit Texten und Bildern. In H. Niegemann, A. Weinberger,
Lernen mit Bildungstechnologien. Berlin: Springer.
Wecker, C. & Stegmann, K.. (2019). Medien im Unterricht. In D. Urhahne, M. Dresel, F. Fischer (Hrsg.),
Psychologie für den Lehrberuf (S. 373 - 393). Berlin: Springer.