Assessment & Evaluieren
In diesem Artikel werden die grundlegenden Prozesse des diagnostischen Handelns mit den Möglichkeiten von digitalen Technologien beleuchtet. Die Lehrpersonen begleiten und steuern den Lernprozess der Lernenden mit einer fortlaufenden Lerndiagnostik, welche in Form eines Förderkreislaufs stattfinden sollte (Lötscher et al., 2014). Dieses diagnostische Handeln kann durch digitale Technologien ergänzt oder ersetzt werden, wie in den folgenden Abschnitten erläutert wird. Dabei ist eine klare Eingrenzung des Themas kaum möglich, da die Teilschritte des Förderkreislaufs viele weitere Teilbereiche von EdTech anschneiden (Beispiel: Der vierte Teilschritt des Förderkreislaufes "Förderung ableiten" nach Lötscher et al. (2005) erfordert eine Rückmeldung an die Lernenden, was in diesem Wiki im Artikel Kommunikation genauer beleuchtet wird).
Je nach Lehr- und Lernsetting und dem dementsprechenden unterschiedlich verwendeten Lernbegriff unterscheiden sich sowohl die Funktion wie auch die Anforderungen an den Assessmentprozess. Der in der Schweiz umgesetzte Lehrplan 21 (Bildungs- und Kulturdepartement des Kantons Luzern, 2017) formuliert ein Lern- und Unterrichtsverständnis, welches drei Formen der Beurteilung vorsieht:
Diese Form der Beurteilung wird als lernprozessbegleitend beschrieben. Förderorientierte Hinweise geben den Lernenden klare Hinweise für die Weiterarbeit. Das Lernverhalten wird durch individuelle Rückmeldungen transparent gemacht. Dabei werden fachliche, personale, soziale und methodische Kompetenzen berücksichtigt. In eine formative Beurteilung fliessen mehrere Informationsquellen ein, wie zum Beispiel Prüfungsaufgaben, Portfolios, beobachtbare Handlungen und Verhaltensweisen. Die Selbstbeurteilung der Lernenden wird berücksichtigt und in Beziehung zur Einschätzung der Lehrperson gesetzt. Im Kontext der digitalen Technologien wird die formative Beurteilung oft mit dem Begriff "Assessment for Learning" gleichgesetzt (Shute & Ramini, 2017).
Summative Beurteilung
Diese Form der Beurteilung wird als prozessabschliessend und bilanzierend beschrieben. Nach Abschluss einer Lerneinheit, eines Semesters, eines Schuljahres oder eines Zyklus wird der Leistungsstand der Lernenden erfasst und ausgewiesen. Im Kontext der digitalen Technologien wird die summative Beurteilung oft mit dem Begriff "Assessment of Learning" gleichgesetzt (Shute & Ramini, 2017).
Prognostische Beurteilung
Diese Beurteilungsform ist für Laufbahnentscheide von Bedeutung, wie zum Beispiel eine zukünftige Berufs- oder Schulwahl. Es werden die Voraussetzungen für einen möglichen Entscheid überprüft. Dabei stützt man sich auf die Ergebnisse von summativen Beurteilungen, wobei formative Beurteilungen einfliessen können, damit eine Gesamtbeurteilung entsteht.
Kategorien von Computer based Assessment for learning (CBAfL)
In Ihrem Paper fassen Shute und Ramini (2017) die Erkenntnisse aktueller internationaler Studien zusammen, welche computergestützte formative Assessment auf der Primar- und Sekundarstufe untersuchen. Sie unterteilen die Erkenntnisse dabei in drei Kategorien von "Computer based Assessment for learning (CBAfL):
Supplementary use of CBAfL in the classroom
In dieser Kategorie findet das Lernen im Klassenraum statt, in welchem die Lehrperson die Möglichkeit hat, regelmäßig und kontinuierlich mit den Lernenden zu interagieren. Dabei nutzt die Lehrperson computergeneriertes Feedback und lässt es ergänzend in die formative Beurteilung einfliessen. In diesem Kontext unterstützt der Computer die zwei Hauptziele des CBAfL im Schulzimmer:
A) zeitnahes und genaues Feedback zu ermöglichen
B) den Lernprozess der Schüler und Schülerinnen zu personalisieren
Web-based CBAfL
In Onlinelernumgebungen bewegen sich die Schüler und Schülerinnen frei in einer Lernumgebung. Der Lernweg und das Lerntempo können sich bei den Lernenden stark unterscheiden. Dies ist im Kontext von formativen Assessments eine grosse Herausforderung, denn den Lernenden fehlt die Möglichkeit, sich in einem direkten face-to-face Setting mit der Lehrperson auszutauschen. Web-based CBAfL haben deshalb die wichtige Rolle, die Lernenden zu aktivieren und den bisherigen Lernprozess aufzuzeigen. Wenn diese Bedingungen erfüllt sind, kann durch Web-based CBAfL eine erhöhte Autonomie der Lernenden erreicht werden.
Data-driven and continuous CBAfL
Diese Form von Assessment wird ermöglicht durch moderne digitale Technologien, welche datenbasiert und kontinuierlich die Lernprozesse von Schülern und Schülerinnen auswertet. Durch Learning Analytics können individuelle Lernprozesse besser verstanden werden, indem diese mit Big-Data abgeglichen werden und zum Beispiel mögliche erfolgsversprechende nächste Lernschritte aufgezeigt werden können. Andererseits können mit diesen grossen Datensätzen von Lernprozessen auch die Lernumgebungen selbst optimiert werden.
Erkenntnisse aus der Forschung zu CBAfL
In ihrem Paper zeigen Shute und Ramini (2017) die Erkenntnisse der Forschung aus den jeweiligen Bereichen auf: Bei CBAfL im Klassenzimmer gelten weitgehend die gleichen Ansprüche an digitale Assessment wie an nicht-digitale. Es ist zu beobachten, dass bei neueren Technologien die Qualität des Feedbacks und wie dieses vermittelt wird, im Vergleich mit älteren digitalen Assessmentmethoden deutlich gesteigert wurde. Dies hängt einerseits mit der Weiterentwicklung der Fähigkeiten der eingesetzten Technologien zusammen und andererseits mit den Erkenntnissen aus der Unterrichts- und Lernforschung, dazu, wie diese Technologien am besten eingesetzt werden.
Beim web-based CBAfL kann festgestellt werden, dass summative Beurteilungen öfters verwendet werden als formative Beurteilungen. Die Autoren weisen jedoch auf das Potential hin, dass durch formative Beurteilungen die Lernprozesse wesentlich positiv beeinflusst werden können. In der dritten Kategorie, dem data-driven and continuous CBAfL, sind vielversprechende Entwicklungen zu beobachten. Es ist zu erwarten, dass in Zukunft weitere Lernumgebungen auf der Grundlage von Big-Data entwickelt und optimiert werden.
Vorteile des Assessment mit digitalen Technologien
Im Kapitel "Computergestützte Leistungsdiagnostik" beschreibt Maier (2014) einige Vorteile von Assessment mit digitalen Technologien gegenüber Assessments mit Papier und Stift. Im Folgenden werden diese Vorteile zusammengefasst:
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Es entsteht eine Arbeitsentlastung für die Lehrperson, da digitale Technologien es teilweise ermöglichen, die Lernleistungen automatisiert auszuwerten.
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Mithilfen von Algorithmen können digitale Technologien individuell auf die Lernenden zugeschnittene Testaufgaben erstellen.
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Die Testitems können mit vielfältigen Medien (Film, Bild, Spiele usw.) angereichert werden.
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Es wird ein erweitertes Spektrum an Testaufgaben möglich. Durch Interaktivität und Multimedialität entstehen neue Formen, wie Kompetenzen überprüft werden können, zum Beispiel durch Simulationen.
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Durchführungs- Auswertungs- und Interpretationsobjektivität können im besonderen Masse gewährleistet werden.
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Adaptives Testen wird möglich: Massgeschneiderte Tests, welche sich während der Bearbeitung an die Möglichkeiten der Lernenden dynamisch anpassen.
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Es können zusätzliche Prozessdaten erfasst werden, beispielsweise zu Bearbeitungszeiten, genutzten Hilfsmittel etc.
Kriterienraster zum Teilbereich "Assessment & Evaluieren"
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Quellenverzeichnis
Bildungs- und Kulturdepartement des Kantons Luzern (Hrsg.). (2016).
Grundlagen Lehrplan21 Kanton Luzern. Verfügbar unter:
https://lu.lehrplan.ch/container/LU_Grundlagen.pdf [01.06.2020].
Ifenthaler, D., & Drachsler, H. (2018). Learning Analytics: Spezielle Forschungsmethoden in der Bildungstechnologie. In H. Niegemann & A. Weinberger (Hrsg.),
Lernen mit Bildungstechnologien (S. 1–20). Berlin Heidelberg: Springer.
Lötscher, H., Merlo, S. T., & Joller-Graf, K. (2014).
Beurteilung in integrativen Schulen. 64.
Lötscher, H., Theiler, P., & Schär, R. (o. J.).
Anforderungen an die Ganzheitliche Beurteilung und Förderung. Luzern: Amt für Volksschulbildung.
Maier, U. (2015).
Leistungsdiagnostik in Schule und Unterricht: Schülerleistungen messen, bewerten und fördern. Bad Hielbrunn: Verlag Julius Klinkhardt.
Redecker, C., & Punie, Y. (o. J.).
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Schaumburg, H., & Prasse, D. (2019).
Medien und Schule: Theorie - Forschung - Praxis. Bad Heilbrunn: Verlag Julius Klinkhardt.
Shute, V. J., & Kim, Y. J. (2014). Formative and Stealth Assessment. In J. M. Spector, M. D. Merrill, J. Elen, & M. J. Bishop (Hrsg.),
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Shute, V. J., & Rahimi, S. (2017). Review of computer-based assessment for learning in elementary and secondary education: Computer-based assessment for learning.
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Webb, M. E., Prasse, D., Phillips, M., Kadijevich, D. M., Angeli, C., Strijker, A., Carvalho, A. A., Andresen, B. B., Dobozy, E., & Laugesen, H. (2018). Challenges for IT-Enabled Formative Assessment of Complex 21st Century Skills.
Technology, Knowledge and Learning,
23(3), 441–456.